TO DO! – Wettbewerb für sozialverantwortlichen Tourismus: Die neuen Preisträger auf der ITB Berlin

Der Studienkreis für Tourismus und Entwicklung zeichnete am 6. März 2013 auf der ITB Berlin die Gewinner des „TO DO!2012 – Internationaler Wettbewerb für sozialverantwortlichen Tourismus“ aus. Die Preisträger der 18. Wettbewerbsrunde kommen aus Indien und Uganda.

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Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile! Dies gilt ganz besonders für die beiden Preisträger des TO DO!-Wettbewerbs in diesem Jahr: das Reiseunternehmen THE BLUE YONDER aus Indien und das Gemeindetourismusprojekt PEARLS OF UGANDA. Sowohl im südindischen Kerala als auch im ostafrikanischen Uganda werden viele lokale Einzelinitiativen unter einem Dach gebündelt und damit die wirtschaftliche und soziale Wirkung in der Region vervielfacht. Erst der Zusammenschluss unter einer Dachmarke stärkt die zahlreichen lokalen Gruppen und bringt vor allem im Vermarktungsbereich unschätzbare Wettbewerbsvorteile. Beide Preisträger sind – wie ihre Vorgänger – Beispiele für den nachhaltigen Erfolg sozialverantwortlicher Konzepte, insbesondere durch die intensive Beteiligung der einheimischen Bevölkerung bei der Tourismusplanung und -entwicklung. Die Besucher werden durch die Schaffung innovativer und gleichzeitig auf Tradition setzender Angebote bereichert und haben damit die Chance, den Menschen vor Ort auf Augenhöhe zu begegnen.

Der Staatssekretär des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Hans-Jürgen Beerfeltz, erklärte in seiner Würdigung: „Ich freue mich, Laudator zu sein für einen Wettbewerb, der die gleichen Ziele verfolgt wie unser Ministerium: Auch das BMZ fördert nachhaltigen Tourismus, der sozial, ökologisch und kulturell verträglich ist – und dennoch wirtschaftlich erfolgreich. Denn: Tourismus ist für viele unserer Partnerländer ein Schlüssel zu mehr wirtschaftlicher Entwicklung – er darf die Menschen aber nicht überrollen, sondern muss sie mitnehmen, sonst nützt er nur den Touristen und einigen Reiseveranstaltern. Genau diesem Geist der Nachhaltigkeit in jeder Hinsicht sind die Projekte der beiden diesjährigen Gewinner verpflichtet, denen ich herzlich gratuliere“.

Die PEARLS OF UGANDA sind ein regionales Netzwerk, bestehend aus etwa 20 „Perlen“ touristischer Angebote in verschiedenen Gemeinden im Südwesten Ugandas. Bei einem Besuch fasziniert das Alltagsleben der Menschen mit ihrer ganz eigenen Kultur ebenso wie die vielseitige Landschaft, in der sie zuhause sind. So begeistern nicht nur die traditionellen Tanz- und Trommelvorführungen, sondern auch der praktische Unterricht in dem, was Touristen als „typisch afrikanisch“ erleben. Geführte Rundgänge und Wanderungen durch Berge und Täler, Felder und Wälder veranschaulichen das Leben und Arbeiten im Dorf. Ganz nebenbei lernen die Gäste etwas über traditionelle Heilverfahren mit Medizinalpflanzen im Schaugarten oder während des Besuchs eines traditionellen Heilers. Auch kann man an Workshops für Kunsthandwerk (z.B. Korbflechten, Schnitzereien, Töpfern) teilnehmen oder einfach ein lokal hergestelltes Souvenir erstehen. Safariverwöhnt staunen auch die Naturliebhaber über außergewöhnliche Tier- und Vogelbeobachtungen – nicht nur über die berühmten Berggorillas.
Die PEARLS OF UGANDA bieten zudem Unterkunft und Verpflegung in Restaurants an, die sich im Eigentum der Dorfgemeinschaft befinden. Damit stellen sie attraktive Ergänzungen oder auch Alternativen zu den bisher meist auf Safari- oder Trekkingtourismus konzentrierten Angeboten in Uganda dar. Diese schlossen bislang die ortsansässige Bevölkerung kaum ein, die Touristenbusse und Safari-Jeeps meist nur aus der Ferne kannte.
Jede „Perle“ schafft somit Anreize für Einheimische, in den Dörfern zu bleiben, sei es durch direkte oder indirekte Einkommensmöglichkeiten im Tourismus oder durch eine insgesamt mehr selbstbestimmte Entwicklung, die allen zugutekommt. Projekte zur Wasserversorgung, die Unterstützung von Schulen und die Stärkung lokaler Investitionen und Märkte tragen dazu bei, dass weniger Menschen aus den Dörfern in die Städte abwandern. Am Rande von Nationalparks gelegen, wird auch der Naturschutzgedanke bei den Dorfbewohnern stärker verankert, denn die Touristen kommen gerade auch wegen der intakten Natur zu ihnen. Diese Vorteile erkennen insbesondere die Frauen, die zwei Drittel der Mitglieder bei UCOTA stellen.
Die Uganda Community Tourism Association (UCOTA) als Dachorganisation der PEARLS OF UGANDA wurde 1998 gegründet, um lokale Gemeinden bei einer nachhaltigen Tourismusentwicklung – vor allem im Ausbildungsbereich – zu unterstützen. UCOTA kümmert sich auch darum, dass die Angebote der „Pearls“ von möglichen Besuchern und Reiseanbietern überhaupt wahrgenommen werden, sei es bei örtlichen Reiseveranstaltern („Pearls supporters“), durch Broschüren, die in großen Hotels ausliegen oder natürlich im Internet.

THE BLUE YONDER steht für ein 2004 gegründetes, innovatives indisches Reiseunternehmen, das Tourismus als Instrument für eine nachhaltige Regionalentwicklung versteht. Es bietet eine ganz individuelle Betreuung der Reisenden in dieser Region an und unterstützt die schon früher gegründete Nila-Foundation, die dazu beiträgt, die zentralen Bedrohungen wie sinkenden Wasserstand oder den fortschreitenden Abbau der Sandbänke anzugehen. Der Tourismus soll einen Beitrag zur Sicherung des Lebensunterhaltes der Bevölkerung und den Erhalt ihrer traditionellen Kultur leisten, ohne jedoch das Leben der Menschen und ihren Lebensstil zu dominieren.
Seit alters her gilt die Nila-Flussregion als eine kulturelle und ökonomische Lebensader Keralas. Einige der wichtigsten Poeten und Musiker entstammen dieser Region, viele bedeutende Tempel, Moscheen, Kirchen und Synagogen finden sich hier. Die Durchmischung von Kulturen und Religionen hat über Jahrtausende die Region mit außergewöhnlich reichen und vielfältigen Traditionen geprägt. Ein Highlight für die heutigen Besucher ist das Erleben des „Musical trails“, der uralte Traditionen wiederaufleben lässt. In ähnlicher Weise gilt dies auch für die „Folk Expressions“, die nur vor Ort stattfinden, nicht in Hotels. Mittlerweile sind etwa 250 Personen dort aktiv.
Eindrucksvoll wird es auch für die Gäste, wenn sie traditionellen Handwerkern bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen dürfen. Vor ihren Augen entstehen Alltagsgegenstände, die fast überall noch in Gebrauch sind: Töpferwaren, Öllampen aus Messing oder Webarbeiten aus Baumwolle und Bambus.
Lässt man sich auf diese Art des Reisens ein, darf man auch Gast sein im Haus einer alten Brahmanenfamilie, die jedoch ihre eigenen Regeln vorgibt: Dazu gehören eine Mindestaufenthaltsdauer zum gegenseitigen Kennenlernen und gemeinsame Mahlzeiten aus lokal hergestellten Produkten mit der Familie.
Alle touristischen Angebote entstehen auf Eigeninitiative, werden von den Gemeindemitgliedern selbst gemanagt und bleiben im ihrem Besitz. Die Vergabe von Mikrokrediten bildet die Grundlage für die Realisierung neuer Geschäftsideen und schafft somit langfristig weitere Einnahmequellen. Als Grundsatz gilt, dass Tourismus immer nur eine zusätzliche, aber nie die Haupteinnahmequelle sein darf: So gehen Fischer weiterhin ihrem Gewerbe nach, auch wenn sie Bootstouren für Touristen anbieten. Der Installateur wird in seiner Freizeit zum Geschichtenerzähler, der Elektriker am Abend zum Trommler.
Der Geschäftsführer des Unternehmens, das als „Social Enterprise“ geführt wird, ist in der Region beheimatet und zunehmend vernetzt mit anderen nationalen und internationalen Initiativen für nachhaltigen Tourismus. Im Jahr 2012 betreute The Blue Yonder etwa 1.500 Gäste.

Der Förderer und Preisgeldgeber Hansjörg Ruf, Präsident des Stiftungsrates der Schweizerischen Stiftung für Solidarität im Tourismus betonte in seiner Ansprache: "Die beiden TO DO!-Preisträger 2012 zeigen in außergewöhnlicher Weise, wie erfolgreich und nachhaltig Tourismusentwicklung sein kann, die getragen wird von dem gemeinsamen Wunsch der Bevölkerung, selbst etwas auf die Beine zu stellen. So können sie nicht nur ihre Lebenssituation verbessern, sondern gleichzeitig zu einem Tourismus beitragen, die den Reisenden besondere, authentische Einblicke in das Leben der Menschen und ihre Kultur ermöglicht. Diese Bemühungen möchten wir mit unserem Preisgeld unterstützen und wünschen den beiden Projekten eine weitere positive Entwicklung."

Dr. Dietlind von Laßberg, Stellvertretende Vorsitzende des Studienkreises für Tourismus und Entwicklung e.V., nahm die Preisverleihungsveranstaltung zum Anlass, sich ganz besonders bei den Förderern zu bedanken: „Der TO DO! kann ohne die finanzielle Unterstützung aus Politik, Gesellschaft und Tourismuswirtschaft nicht durchgeführt werden. Besonders freue ich mich, dass bei dieser Wettbewerbsrunde neue Förderer dazugekommen sind.“

Der TO DO! Wettbewerb Sozialverantwortlicher Tourismus wird gefördert von: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Evangelisches Werk für Diakonie und  Entwicklung/Tourism Watch, ITB Berlin, Schweizerische Stiftung für Solidarität im Tourismus (SST), Studiosus Reisen München GmbH sowie dem forum anders reisen.

Verantwortlich für den Text: Birgit Steck

Informationen und Pressekontakt:
Studienkreis für Tourismus und Entwicklung e. V.
Birgit Steck, Geschäftsführung
Telefon: +49-(0) 8152-99 90 10
Fax: +49-(0) 8152-99 90 166
E-Mail: info@studienkreis.org
Web: www.to-do-contest.org, www.studienkreis.org

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