08.10.2018 - Seefeld
Augen auf für neue Perspektiven!
Von Lateinamerika über Afrika nach Asien: In der diesjährigen Auswahlrunde des TODO Awards 2019 sind von den insgesamt 19 Einreichungen sechs vielversprechende Projekte auf drei Kontinenten in die Endauswahl gekommen.
Download PDFMit dem internationalen Wettbewerb prämiert der Studienkreis für Tourismus und Entwicklung e.V. jedes Jahr touristische Vorhaben, die von der einheimischen Bevölkerung initiiert bzw. mitgetragen werden, bei denen Ressourcen umweltschonend genutzt werden und nachhaltige Wirtschaftskreisläufe entstehen.
Die „Andean Lodges“ in Peru
Apu Ausangate, Cuscos heiliger Berg, gilt als Schöpfer des Lebens und als Beschützer der indigenen Andenvölker. 2006 haben die Gemeinden Chillca und Osefina der Vilcanota Kordillere die Vereinigung „Andean Lodges“ gegründet, die nachhaltigen Tourismus und den Erhalt des kulturellen Erbes fördert. Entlang der Apu Ausangate-Route mit ihren bizarren Felsformationen, Gletschern und Seen bietet die Organisation mehrtägige geführte Trekkingtouren mit Unterbringung in den eigenen vier Öko-Lodges an. Auf der 50 km langen Route erfahren die Gäste Wissenswertes über die Tier- und Pflanzenwelt des Hochgebirgsökosystems, über Handwerk und Handelsrouten der indigenen Bevölkerung, die traditionell als Hirten und Händler mit ihren Lama- und Alpakaherden unterwegs sind. Auch das Gepäck der Reisenden wird von den Lastentieren transportiert – auf diese Weise unterstützt der Tourismus althergebrachte Transport- und Wirtschaftsweisen. Haltepunkte auf der Route sind die Gemeinden Chillca und Osefina, hier kommen die Besucher mit dem Textilhandwerk der Anden in Berührung – bekannt für seine symbolträchtigen und farbenfrohen Muster.
„Awamaki“ in Peru
In den abgeschiedenen indigenen Quechua-Gemeinden der peruanischen Anden sind es vor allem auch die Frauen, die mit traditionellem Textilgewerbe und Kunsthandwerk die Existenz ihrer Familien sichern. Die Vereinigung Awamaki, im heiligen Tal der Inkas gelegen, ist ein lokaler Verein, der in Kooperation mit einer US-amerikanischen Non-Profit-Organisation jene Frauen in ihrer beruflichen Selbstständigkeit unterstützt. 2009 gegründet, entwickelt die Organisation Strategien, um den kleinen Betrieben den Zugang zum globalen Markt zu ermöglichen. Ziel ist es, das Einkommen der mittlerweile 170 beteiligten Frauen zu verbessern und damit auch die Armut in den Gemeinden zu bekämpfen. Neben dem fairen Handel mit traditionellem Handwerk konzentriert sich Awamaki auf nachhaltige Tourismusprojekte in den ruralen Gemeinden. So werden Besucher dort bei den einheimischen Familien untergebracht. Auch das touristische Programm ist vielfältig, neben Exkusionen in den Regenwald werden diverse handwerkliche Kurse angeboten: Alpakawolle spinnen, Färben von Textilien oder das Weben ausgefallener Designs. Besucher können die Quechua-Kultur so aus nächster Nähe erleben.
„Campi Ya Kanzi“ in Kenia
Manch einer mag sich an Ernest Hemingways Klassiker „Die grünen Hügels Afrikas“ erinnert fühlen, allerdings ohne Jagd: Im Süden Kenias liegt am Fuße der legendären Chyulu Hills inmitten unberührter Natur und Wildnis die Luxus Öko-Lodge „Campi Ya Kanzi“, die vielfältige Safari-Touren anbietet: in den Regenwald, zur Vogelbeobachtung oder zu den Löwen und Elefanten in die Savanne. 1996 vom Italiener Luca Belpietro gegründet, ist das Besondere des Camps, dass es in einem privaten Maasai-Reservat gelegen ist und in Kooperation mit den Landbesitzern betrieben wird. Die lokale Maasai-Volksgruppe der Kuku Group Ranch profitiert somit direkt vom Tourismus. Das Camp schafft Arbeitsplätze und die „conservation fees“, die die Gäste zu entrichten haben, fließen in den Maasai Wilderness Conservation Trust (MWCT) – zum Schutz des Habitats und für Bildungs- und Gesundheitsprojekte der Maasai. Die 5-Sterne-Lodge ist ein Öko-Pionier, sie versorgt sich mithilfe von Sonnenenergie gänzlich C02-neutral, die Wasserversorgung wird mit recyceltem Regenwasser gedeckt. Das bereits mehrfach preisgekrönte Campi Ya Kanzi beweist damit, das sich Luxus und Nachhaltigkeit nicht ausschließen müssen.
Die „Hunting and Conservation Alliance of Tajikistan“
Fast die Hälfte von Tadschikistan befindet sich auf über 3000 Höhenmeter – das Land zieht mit seiner Hochgebirgslandschaft vor allem naturbegeisterte Touristen an. Die „Hunting and Conservation Alliance of Tajikistan (H&CAT)“, bestehend aus acht gemeindebasierten NGOs und fünf kleinen Familienbetrieben hat sich seit ihrer Gründung 2008 zum Ziel gesetzt, den ländlichen Tourismus in den dünn besiedelten Bergregionen zu fördern. Die Mitglieder der H&CAT profitieren von der zentralen Vermarktung der Regionen, denn Tourismus ist eine wichtige Einnahmequelle in dem strukturschwachen Land. Besucher können in den Gemeinden der „conservancies“ in eigenen Gästehäusern oder bei einheimischen Familien untergebracht werden – eine einmalige Gelegenheit mit den regional so unterschiedlichen Kulturen und Ethnien in Kontakt zu kommen und zu sehen, wie sich deren Traditionen auf Landnutzung, Architektur und Lebensweise auswirken. Das touristische Programm umfasst neben geführten Wandertouren mit Wildtier- und Vogelbeobachtung weitere Punkte wie den Ausritt mit Pferden. Ein besonderes Highlight dürfte die Besteigung der Gipfel „Karl Marx“ und „Friedrich Engels“ sein.
„Open Eyes“ in Indien
Indien ist ein Land im Aufbruch, dazu zählen auch die zunehmenden gesellschaftlichen Diskussionen über Gleichberechtigung und die neue Rolle der Frauen. Die Organisation „Open Eyes“, gegründet 2011 von der Spanierin Anna Alaman, hat sich mit dem Projekt „Women in Tourism“ zum Ziel gesetzt, die Chancengleichheit von Frauen zu fördern. In Kooperation mit anderen lokalen Partnerorganisationen werden neue Jobs und Einkommensquellen im Tourismus geschaffen, die Frauen arbeiten beispielsweise als Kunstschaffende, Masseurinnen, Taxifahrerinnen oder Stadtführerinnen. Das touristische Angebot der Organisation konzentriert sich auf New Delhi, Jaipur und Jageshwar, es umfasst Wellnessangebote, Ausflüge sowie geführte Stadttouren, etwa zu den Märkten und in die Stadtviertel von Delhi. Die Organisation kümmert sich nicht nur um finanzielle und organisatorische Angelegenheiten, es schult die Frauen, darunter auch Blinde, für ihre neuen Aufgaben. „Open Eyes“ verschafft ihnen damit ein neues Selbstverständnis – und öffnet die Augen für andere Perspektiven.
„Kiulu Farmstay“ in Malaysia (Borneo)
Malaysia besticht durch Traumstrände, üppige Dschungellandschaften und seine Vielfalt an Kulturen, Ethnien und Religionen. „Kiulu Farmstay“ ist ein gemeindebasiertes Tourismusprojekt in der Gegend von Kiulu, das vom Reiseveranstalter „Borneo Eco Tours“ unterstützt wird. 2015 wurde die erste Öko-Lodge, namens „Fig Tree“ in der typischen Longhouse-Architektur Borneos erbaut, weitere Lodges sollen folgen. Auf Wunsch können die Besucher auch in den Familien in den mittlerweile zehn beteiligten Gemeinden untergebracht werden. Das Farmstay-Programm möchte Gäste dazu ermutigen, am alltäglichen Leben der lokalen Gemeinschaft teilzunehmen und lädt zu Begegnungen ein: bei einheimischen Sportarten wie dem Bambus-Rafting im Fluss oder dem Erlernen ursprünglicher Jagdtechniken. Wer es etwas beschaulicher haben möchte, kann Kochkurse belegen, Kautschuk gewinnen oder bei der Reisernte helfen. Das Projekt ist angetreten, der lokalen Bevölkerung wirtschaftliche Chancen durch den Tourismus zu eröffnen und dabei den Besuchern die besondere Atmosphäre und Authentizität ihres Landes näherzubringen.
Die TO DO Award 2019 Preisverleihung findet am Donnerstag, 7. März 2019 um 16:30 Uhr im Palais am Funkturm auf dem ITB-Gelände statt. VertreterInnen aller Projekte werden anwesend sein und die Ehrungen entgegennehmen. Nach der Preisverleihung laden wir zu einem Imbiss mit regionalen Köstlichkeiten der Gewinnerregionen ein. Es besteht die Möglichkeit, Interviews mit den Preisträgern zu führen.
Text: Stephanie Arns
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